Verdauung, Magen, Darm Anzeige Unser Experte Barrett-Syndrom: Mit Kälte gegen Krebsvorstufen Nicht immer ist bei Reflux oder Barrett-Syndrom ein Eingriff nötig PD Dr. med. Axel Eickhoff Chefarzt der Klinik für Gastroenterologie, Diabetologie und Infektiologie Herr Dr. Eickhoff, Sie sind unter anderem Spezialist für die Volkskrankheit Sodbrennen (GERD) und daraus resultierende Folgeerkrankungen. Für die Diagnostik und Behandlung verfügen Sie dazu in Ihrer Klinik über eine hochmoderne HD-Endoskopie sowie eine High- End-Sonographie. Was sollten Betroffene grundsätzlich zum Thema Sodbrennen wissen? Beim Sodbrennen gelangt Magensäure in die Speiseröhre, deren Schleimhaut sehr empfindlich reagieren kann, wenn das ganze zu einem häufigen bzw. dauerhaften Problem wird. Wir sprechen dann von einer gastroösophagealen Refluxkrankheit (GERD). Zu Sodbrennen kommt es, wenn der untere Ösophagussphinkter, ein ringförmiger Muskel, nicht richtig arbeitet. Fettreiche oder scharfe Kost, Alkohol, Rauchen, Übergewicht, bestimmte Medikamente und Stress können den Reflux begünstigen. Es kann aber auch ein Zwerchfellbruch (Hiatushernie) vorliegen. Dauerhafter Reflux kann die Speiseröhrenschleimhaut reizen, so dass sich die Zellen in der Wand der Speiseröhre verändern und das sogenannte Barrett- Syndrom entsteht. Bei Patienten mit starken Veränderungen besteht ein erhöhtes Risiko, an einem Adenokarzinom der Speiseröhre zu erkranken. Ständiges Sodbrennen sollte also durch eine Magenspiegelung abgeklärt werden, bei der auch festgestellt werden kann, ob eine Hernie vorliegt und wie groß diese ist. Welche Behandlungsoptionen gibt es? Wenn kein Zwerchfellbruch vorliegt, sollte man zunächst die Lebensumstände optimieren, also beispielsweise nicht erst kurz vor dem Schlafengehen zu viel essen und Übergewicht reduzieren. Zusätzlich empfiehlt sich die Einnahme von Protonenpumpenhemmern (PPI), welche als Säureblocker wirken. Auch beim Vorliegen von Hernien, die kleiner als drei Zentimeter sind, wird man bei der konservativen Therapie bleiben und nicht operieren. Wenn der Zwerchfellbruch allerdings größer ist und starke Symptome verursacht, sollte ein Eingriff in Erwägung gezogen werden. Dabei wird die Lücke im Zwerchfell laparoskopisch (Bauchspiegelung) verschlossen. Rund um den Übergang von Speiseröhre zu Magen wird eine Manschette geformt, die den Ösophagussphinkter unterstützt (Fundoplicatio). Wenn es nun bereits zu einem Barrett-Syndrom gekommen ist, müssen dann die betroffenen Schleimhautbereiche in jedem Fall entfernt werden? Nein, nur wenn der veränderte Bereich größer als drei Zentimeter ist (Long Barrett). Man weiß mittlerweile, dass das Risiko einer Tumorentstehung mit der Länge ansteigt und zwar um 0,38 Prozent pro Jahr. Zudem sollte man wissen, dass nicht jedes Barrett-Syndrom Beschwerden macht. Rund 30 Prozent der Betroffenen berichten, dass sie keine Symptome haben. Sie gelten als sogenannte „Nerds“ und sollten sich im Fall eines Long Barretts trotzdem einer Behandlung unterziehen. Sie bieten in Ihrer Klinik ja das komplette Behandlungsspektrum bei Barrett. Vor allem setzen Sie dabei auf Kälte, also die Kryoablation … Beim Barrett-Syndrom arbeiten wir seit 15 Jahren mit der sogenannten Radiofrequenzablation, bei der entartetes Gewebe mittels Hitze abgetötet wird. Zuvor wird der zu behandelnde Bereich sehr sogfältig abgeklärt und eingegrenzt, um zu vermeiden, dass ein sogenannter Rest-Barrett zurückbleibt. Die Radiofrequenzablation ist eine seit Jahren bewährte und sehr sichere Methode. Studien haben den Erfolg im Langzeitergebnis bewiesen: Nach fünf Jahren sind über 95 Prozent der Patienten rezidivfrei, d.h. es ist nicht wieder zu Veränderungen gekommen. Allerdings kann die Hitze zu Vernarbungen führen, die ihrerseits wieder Probleme machen. Dieses Risiko besteht bei der Verwendung von Kälte (Kryoablation) kaum. Durch die Kälte kommt es zum programmierten Zelltod, aber nicht zur Veränderung der Matrix, wie dies bei Hitze der Fall ist. Nach aktueller Studienlage ist diese Therapie ebenso erfolgreich und sicher wie die Radiofrequenzablation. Allerdings gibt es die Kryoablation erst seit drei Jahren, sodass noch keine Langzeitstudien vorliegen können. In welchen Intervallen sollten sich Barrett-Betroffene einer Kontrollgastroskopie unterziehen? Wenn kein Eingriff erforderlich ist, sollten Patienten mit Long-Barrett die erste Kontrolle nach zwölf Monaten durchführen lassen und danach im Abstand von zwei bis drei Jahren. Bei Short- Barrett genügen Kontrollen im Abstand von vier bis fünf Jahren. Wenn sich nun doch bereits Speiseröhrenkrebs entwickelt hat: Wie sieht die Therapie aus? Tatsächlich sehen wir eine Zunahme an Adenokarzinomen der Speiseröhre. Bei Barrett-Patienten, die sich regelmäßig kontrollieren lassen, wird ein Karzinom in aller Regel sehr früh entdeckt, wenn der Tumor auf die Schleimhaut begrenzt ist. Dann wird er im Rahmen der Gastroskopie gleich endoskopisch mit entfernt und der Patient ist geheilt. Ansonsten erfolgt die Behandlung stadienabhängig. Bis Stadium T2 wird grundsätzlich operiert. Ist der Tumor lokal begrenzt, wird er in der Regel zunächst neoadjuvant, also durch Chemotherapie, behandelt und danach operiert. Auch beim Speiseröhrenkrebs gewinnen zudem die Immuntherapien mittels Checkpoint-Inhibitoren zunehmend an Bedeutung für die palliative Therapie. Damit können inoperable Tumorstadien immer häufiger in chronische Erkrankungen umgewandelt werden. Kontakt Klinikum Hanau Leimenstraße 20 · 63450 Hanau Telefon: (0 61 81) 2 96-42 10 · Fax: (0 61 81) 2 96-42 11 · med2@klinikum-hanau.de www.klinikum-hanau.de
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