30 Die Kraft des Wassers Reißender Strom: Mithilfe der Wehrwalzen passen die Mitarbeiter des Wasserkraftwerks den Pegel des Main an, damit Schiffe ganzjährig die Schleusen befahren können. FOTOS: FRENGER Energie aus dem kühlen Nass Der Leiter des Wasserkraftwerks Griesheim spricht über seinen Beruf, Materialknappheit und den Klimawandel als Herausforderungen VON JAN LUCAS FRENGER Röhrende Generatoren, riesige Turbinen und unvorstellbare Wassermassen: Komponenten, die für den Ablauf in einem Wasserkraftwerk unabdingbar sind – so auch im Frankfurter Stadtteil Griesheim. An der dortigen Staustufe steht seit den 1930er-Jahren das gleichnamige, durch das Wasser- und Schifffahrtsamt Main (WSA) betriebene Laufwasserkraftwerk, das mit einer Nennleistung von 6,8 Megawatt (MW) das größte seiner Art in ganz Hessen ist. Der dort produzierte Ökostrom wird über den regionalen Energieanbieter Mainova vertrieben und versorgt jährlich rund 10 000 Haushalte. Und das, obwohl die Energiegewinnung in Griesheim eigentlich nur eine untergeord- Das Kraftwerk in Zahlen Das Laufwasserkraftwerk in Griesheim wurde zusammen mit der angrenzenden Schleuse zwischen 1929 und 1932 als Stromlieferant für Frankfurt und die umliegenden Stadtteile erbaut. Die Kraftwerkshalle ist 55 Meter lang und beherbergt dort insgesamt drei sogenannte Kaplanturbinen mit je vier Schaufeln. Bei gleichmäßiger Auslastung beträgt die Jahresarbeitsmenge rund 35 Millionen Kilowattstunden. Gemeinsam mit dem rund zehn Jahre später in Betrieb genommenen Kraftwerk im südhessischen Eddersheim, dessen Stromproduktion an die Anlage in Griesheim angekoppelt ist, lassen sich so jährlich etwa 17 000 Haushalte mit Ökostrom versorgen. nete Rolle spielt. „Das oberste Ziel unserer Arbeit ist es, den Pegel des Mains mithilfe der Wehrwalzen so anzupassen, dass er für Schiffe ganzjährig befahrbar ist“, erläutert Kraftwerksleiter Herbert Jungfer und weist darauf hin, dass die Staustufe auch primär zum Zwecke der Schifffahrt erbaut wurde. Sämtliches Wasser, das zur Steuerung des Pegels die Walzen hinabfließt, wird jedoch anschließend durch die Turbinen geleitet, die wiederum einen Generator antreiben und so den heißbegehrten grünen Strom erzeugen. „Das kommt als Bonus oben drauf“, stellt Jungfer klar. Der 58-Jährige ist gelernter Elektromechaniker, arbeitet seit über 30 Jahren in Griesheim und kennt das Kraftwerk in- und auswendig. Mit seinem Team von insgesamt zehn festangestellten Kräften stellt er sicher, dass alles reibungslos läuft. „Als Leiter bin ich für Betrieb und Verwaltung des Kraftwerks verantwortlich“, erklärt Jungfer. Neben einem täglichen Kontrollrundgang durch die Anlage steht daher jeden Morgen als erstes ein Treffen mit dem diensthabenden Maschinisten an, um etwaige Vorkommnisse während der Nachtschicht sowie aktuelle Aufgaben zu besprechen. „Anschließend folgt direkt das nächste Meeting mit meinem Stellvertreter“, beschreibt der Werksleiter einen typischen Arbeitstag, der – je nach Agenda – oftmals erst nach zehn Stunden zu Ende geht. Und selbst nach Feierabend fällt das Abschalten nicht immer leicht, wie Jungfer verrät: „Es gibt natürlich Themen, die lassen einen selbst daheim vor dem Fernseher nicht los.“ Für den Mann vom Schifffahrtsamt ist es dennoch ein Traumjob, er brennt für seine Arbeit. „Das musst du auch, denn wenn du nicht mit der nötigen Leidenschaft Alles im Blick: Die sogenannte Warte ist das Gehirn der Anlage. Von hier aus kann Kraftwerksleiter Herbert Jungfer sämtliche Vorgänge überwachen und steuern. dabei bist, gehst du unter“, meint er. An seinem Beruf fasziniere ihn in erster Linie, dass in dem Griesheimer Kraftwerk zu einem Großteil noch immer Technik und Teile von früher zum Einsatz kommen. „Ich interessiere mich sehr für den geschichtlichen Aspekt der Anlage“, sagt Jungfer. Irgendwann geben allerdings auch die historischen Maschinen mal den Geist auf, dann gilt es rasch entsprechende Ersatzteile zu besorgen. Hier kommt es laut Jungfer jedoch immer wieder zu Verzögerungen. „Auf eine bestimmte Steuerung warte ich schon zwei Jahre“, klagt der 58-Jährige. Verantwortlich für die Misere sind Probleme in der Lieferkette und Materialknappheit, eine Besserung der Lage sei nicht in Sicht. „Wir können auch nur bedingt auf Vorrat bestellen, da die Teile kaputt gehen, wenn sie nicht benutzt werden“, gibt der Fachmann zu bedenken. Bislang hätten er und sein Team allerdings noch jeden größeren Ausfall erfolgreich beheben können. Neben schwer zu beschaffenden Materialien sieht sich das Kraftwerk auch immer häufiger mit den Auswirkungen des Klimawandels konfrontiert. Seit einigen Jahren schon erschwere ein Mix aus Dürreperioden und starken Regenfällen die Arbeit in Griesheim. „Wenn der Main zu wenig Wasser hat, können die Maschinen nicht auf voller
Die Kraft des Wassers 31 Leistung laufen und das gleiche gilt auch umgekehrt, da sich bei Hochwasser die Fallhöhe verringert“, erläutert Jungfer. „Früher konnte man relativ sicher abschätzen, wie sich der Pegel im Laufe des Jahres verändert, heute lässt sich das aufgrund der extremen Wetterlagen nur noch schwer sagen.“ Dabei stellen gerade Anlagen, die auf erneuerbare Energiequellen wie Wasser zurückgreifen, einen wichtigen Faktor bei der Umstellung auf erneuerbare Energiequellen dar. So nimmt das Griesheimer Kraftwerk, das seinen Eigenbedarf an Energie selbst abdeckt, neben der Produktion von Ökostrom auch in anderen Bereichen positiven Einfluss auf die Umwelt. „Indem wir die Schifffahrt gewährleisten, werden Unmengen an CO 2 eingespart, die ansonsten etwa beim Transport mit Lkw ausgestoßen werden“, sagt der gelernte Elektromechaniker. Hinzu käme, dass das Kraftwerk den Main ganz automatisch reinige, da die Rechen zum Schutz der Turbinen eine „erheblichen Menge“ an Unrat abfingen. „Im Prinzip sieben wir damit das Wasser“, erklärt Jungfer. Dabei messen er und seine Kollegen auch regelmäßig den Sauerstoffgehalt im Main, sollte dieser nämlich zu niedrig sein, kann das ernsthafte Folgen für die Fischpopulation haben. „Wir fahren die Stromproduktion dann entsprechend zurück“, versichert der 58-Jährige. Denn trotz zahlreicher positiver Nebeneffekte für Umwelt und Klima stehen Wasserkraftwerke häufig unter Verdacht, für das Sterben von Fischen, die in den Turbinen verenden, verantwortlich zu sein. Doch Jungfer beruhigt: In Griesheim sei die Strömungsgeschwindigkeit so gering, dass für Fische nur bedingt eine Gefahr bestünde. „Es kann natürlich trotzdem mal passieren, denn überall dort, wo der Mensch mit Maschinen in die Natur eingreift, kommt es zu Veränderungen.“ Allerdings sei das WSA, das seinen Sitz in Aschaffenburg hat, stets darum bemüht, neue Lösungsansätze zu finden oder bestehende Vorrichtungen wie etwa die Fischtreppe, die den Tieren bei der Überwindung von Wehren, Kraftwerken und anderen Hindernissen hilft, zu modernisieren. Jungfer versichert: „Wir versuchen stets uns weiterzuentwickeln und Verbesserungen vorzunehme – gerade mit Blick auf die Zukunft.“ OPERETTENNACHT Opera Classica im Schloss Schönborn „Wien grüßt Heusenstamm“ S Sparkasse Langen-Seligenstadt -Bikes - Wir freuen uns auf Ihren Besuch! * SONNTAG, 09. JULI Beginn: 19.30 Uhr Einlass 18.30 Uhr Kat. 1: VVK 35,– € (erm. 25,– €) AK 40,– € (erm. 30,– €) Kat. 2: VVK 30,– € (erm. 20,– €) AK 35,– € (erm. 25,– €) Tickets: www.frankfurtticket.de | 069-13 40 400 TUI Reisebüro, Frankfurter Straße 23 Radeln am Heimatufer 7 ** Hier passiert die Magie: Stolz präsentiert Herbert Jungfer eine der insgesamt drei Turbinen, die für die Stromproduktion verantwortlich ist.
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