34 Kultur am Fluss Museumslandschaft von Weltrang Wie das Frankfurter Museumsufer zum Aushängeschild der Stadt wurde VON MANFRED BECHT 2,5 Millionen Besucher zog das Frankfurter Museumsufer 2021 an, ließ das städtische Kulturamt verlauten. Dabei dürfte das Museumsuferfest nicht mitgerechnet sein, das jährlich veranstaltet wird, um den Museen in der Innenstadt und vor allem am rechten Mainufer zusätzliche Aufmerksamkeit zu verschaffen. Aber unabhängig von den Zahlen ist klar, dass das Museumsufer ein Pfund ist, mit dem die Stadt bei ihrer Selbstvermarktung wuchern kann – und es auch tut. „Das Museumsufer Frankfurt zählt zu den wichtigsten internationalen Museumsstandorten“, heißt es etwa auf der Internetseite. Als „Ort der Begegnung, des Austauschs und der Wissensver- spiel aus den Bankiersfamilien Rothschild und Bethmann. Dazu gehörte aber auch ein gewisser Johan Friedrich Städel, Kaufmann und Bankier, der 1815 Vermögen und Gemäldesammmittlung“ bezeichnet Ina Hartwig, Frankfurts Dezernentin für Kultur und Wissenschaft, das Museumsufer. Besucher aus Frankfurt und internationale Gäste „eint das Bewusstsein, über kulturelle Ästhetik und Inspiration individuelle Denkmuster zu erweitern und die eigene Wahrnehmung zu schärfen“. Das Museumsufer und seine Vorgeschichte sind vielfältiger verbunden mit der Frankfurter Historie des 20. Jahrhunderts, als es den Anschein hat, wenn man den Schaumainkai entlangschlendert. Das beginnt damit, dass Frankfurt nie eine Residenzstadt war. Es gab also keine fürstlichen Sammlungen, aus denen Museen hervorgehen hätten können. An deren Stelle traten Nachlässe aus dem großbürgerlichen Milieu, zum Bei- Städel gehört zu den wichtigsten Adressen am Frankfurter Museumsufer. FOTO: BECHT lung in eine Stiftung überführte – das Städelsche Kunstinstitut ist heute ein Museum von Weltrang und unbestritten die wichtigste Adresse am Museumsufer. Ankauf-Aktion bis zum 30.06 Montag - Freitag von 10 bis 18 Uhr GOLD Höchstpreis bis 65 € pro Gramm
Kultur am Fluss 35 Den ersten Schub bekam die Museumsszene am Main – von einem Museumsufer war damals noch gar nicht die Rede - gegen Ende der 1950er Jahre. Viele Kriegszerstörungen waren beseitigt, die größte Wohnungsnot gelindert, also konnten kulturelle Aspekte wieder einen größeren Stellenwert bekommen. Es entstanden 1958 das Bundespostmuseum – heute bekannt als Museum für Kommunikation – und 1967 das Museum für Kunsthandwerk – heute das Museum für angewandte Kunst. 1973 folgte das Völkerkundemuseum, das heute Museum der Weltkulturen heißt. Ernst Weil: ohne Titel (2 + 1 + 8) (Ausschnitt), 1968, Claudia und Thomas Weil, Foto: Frank Altmann Freilich blieb die Strahlkraft dieser Einrichtungen eher gering, einen besonderen Ruf als Museumsstandort verschafften sie Frankfurt nicht. In der Innenstadt verdrängten derweil die Banken die Wohnungen, große Verkehrsprojekte machten die Stadt zur Großbaustelle, Frankfurt wurde zur Hauptstadt der Studentenunruhen, dann vieler Demonstrationen, dann der Kriminalität, schließlich der Hochfinanz. Ein positiv besetzter Charakter, ein ansprechendes Image war damit nicht verbunden – ganz im Gegenteil. Dabei wollte es die Politik in den 1970er Jahren nicht belassen: Unter den Oberbürgermeistern Walter Möller, Rudi Arndt und Walter Wallmann fand ein Umdenken statt. Maßgebliche Akteure waren Kulturdezernent Hilmar Hoffmann und Baudezernent Hans Erhard Haverkamp. Hoffmann entwickelte und prägte die Idee des Museumsufers, der Architekt und Stadtplaner Albert Speer setzte dies bis 1980 in einen „Gesamtplan Museumsufer“ um. Die Initiatoren machten aus ihrem Ehrgeiz keinen Hehl, sich in einer Konkurrenzsituation mit der gleichzeitig in Berlin stattfindenden Internationalen Bauausstellung zu sehen. Spontan und konstruktiv Ernst Weil (1919–1981) 31. März–27. August 2023 In Kooperation mit Darüber hinaus zeigte der 1978 formulierte Slogan „Kultur für alle“ auch einen neuen Anspruch an. Er lehnte den traditionellen bürgerlichen, tendenziell elitären Kulturbegriff ab, ganz im Geiste der Studentenbewegung von 1968 übrigens. Indem Frankfurt einer der Hauptschauplätze dieser Bewegung in Deutschland war, war die Umsetzung eines explizit egalitären Konzepts ausgerechnet in der Mainmetropole nur folgerichtig. Fortsetzung >> Die Errichtung des Holbeinstegs ist ebenfalls vor dem Hintergrund des Museumsufers zu betrachten. FOTO: BECHT „Inflationskleid“, um 1923, Historisches Museum Hanau, Schloss Philippsruhe, Foto: Kai Jacob
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