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Journal über die Region am Main mit den Städten Frankfurt, Offenbach, Hanau und den angrenzenden Städten und Gemeinden

44 Mainfähre Stadt

44 Mainfähre Stadt Seligenstadt Die Mainfähre „Stadt Seligenstadt“ pendelt seit dem Jahr 1971 zwischen dem hessischen und dem bayerischen Mainufer. FOTO: HOFMANN Ein motorisiertes Wahrzeichen Vor über 50 Jahren erwarb die Stadt Seligenstadt ihre Mainfähre VON MICHAEL HOFMANN Sie ist nicht nur eines der Wahrzeichen der Einhardstadt, sondern symbolisiert auch eine Tradition, die bis ins Mittelalter zurückreicht: die Mainfähre „Stadt Seligenstadt“. Das Fährschiff war und ist eine Attraktion auf dem Main zwischen Seligenstadt und dem bayerischen Karlstein, aber natürlich auch ein wertvolles Verkehrsmittel. Gleichwohl gibt es immer wieder Bestrebungen, die Mainfähre durch eine Brücke zu ersetzen: Allerdings stimmte in den 1990er Jahren eine Mehrheit der Seligenstädter in einer nicht-repräsentativen Umfrage für den Beibehalt des Fährschiffs, 2017 lehnte die Stadtverordnetenversammlung eine Fußgänger-/Radlerbrücken-Initiative der Grünen mehrheitlich ab. Hauptargument war jeweils das alljährliche hohe Defizit, das die Stadt durch Überweisung aus ihrem Etat an den Eigenbetrieb Stadtwerke ausgleichen muss, um so den Betriebszweig Fähre zu stützen. Für reichlich Gesprächsstoff sorgt derzeit ein interfraktioneller Parlamentsbeschluss, nach dem eine Machbarkeitsstudie für eine Radfahrer- und Fußgängerbrücke über den Main zwischen Seligenstadt und Karlstein erstellt werden soll. „Eine Zukunftsoption“, sagt Bürgermeister Daniell Bastian (FDP). Im Jahr 2021 galt es, ein halbes Jahrhundert Mainfähre „Stadt Seligenstadt“ zu feiern. Besucher durften sich über kostenfreie Passagen auf die andere, bayerische Mainseite freuen. Ein unscheinbares, in Bronze gehaltenes Widmungsschild am Steuerhaus verrät die offizielle „Geburtsstunde“. Damals hatte sich die Stadt entschlossen, die Fähre in Eigenregie zu betreiben. Am 16. Mai, einem Sonntag, wurde vor mehreren Hundert Besuchern die 28 Meter lange Fähre, zum Netto-Festpreis von 250 000 D- Mark erworben und feierlich auf den Namen „Stadt Seligenstadt“ getauft. Die Erfolgsgeschichte des beliebten wie originellen Motornachens begann, der ein halbes Jahrhundert lang unfallfrei und ohne längere Ausfallzeiten zwischen den beiden Bundesländern hin und her pendelte. Fährpausen gab es in der Regel nur bei Hochwasser, bei Wartungsarbeiten oder beim Werftaufenthalt. Umso größer ist die Betroffenheit, als dieser Tage einer der beiden Schottelantriebe defekt ausfiel und die Fähre zu einer Pause zwang. Das Getriebe, mit der Fähre in die Jahre gekommen, soll nun notdürftig repariert werden, bis in etwa vier Monaten ein neues, modernes Antriebssystem installiert werden kann, das 125 000 Euro kostet. Schottelantriebe erlauben es, die Antriebspropeller um 360 Grad zu drehen und damit ein Schiff in beliebige Richtung zu steuern, was für eine Fähre sehr wichtig ist. Ansonsten ist das Fährschiff in tadellosem Zustand, wurde zuletzt erst für rund 80 000 Euro instandgesetzt und hat die Betriebserlaubnis für weitere fünf Jahre. Regelmäßige Wartung und die Revision auf einer Werft tragen zur Sicherheit bei. Darüber hinaus ist das Fahrzeug im Laufe der vergangenen Jahre stark modernisiert worden: Nach fast 40 Jahren schwergängiger Handsteuerung wurde im Jahre 2009 eine elektronische und hydraulische Steuerung installiert. Das Manövrieren zwischen den beiden Anlegestellen wird jetzt mithilfe von zwei Joysticks erledigt. Die Steuerungsfunktionen umfassen zum einen die Drehzahlverstellung der beiden Antriebsmotoren sowie die Richtungseinstellung der beiden Antriebe, an denen die Schiffspropeller installiert sind. Die Seligenstädter Fähre ist eine frei fahrende Motorfähre, verfügt also über keine Führungsseile. Auch bei Ausfall einer

Mainfähre Stadt Seligenstadt 45 Aus dem Jahr 1927 stammt dieses Bild einer Fähre über den Main, die erste Seligenstädter Fähre baute Josef Alois Ruppel um das Jahr 1928. FOTO: PRIVAT Bereits im neunten Jahrhundert existierte eine ständige Verbindung vom heutigen Seligenstadt aus über den Main. Zum damaligen Zeitpunkt verder beiden Motoren wären die Fährleute somit in der Lage, das Gefährt ohne fremde Hilfe sicher an eine der beiden Anlegestellen zu bringen. Die Geschichte des Seligenstädter Fährwesens reicht weit zurück in die Vergangenheit. Im Volksmund hieß die Mainfähre über Jahrhunderte hinweg nicht Mainfähre, sondern schlicht und einfach „Neewe“. Dieser Begriff war und ist auch noch in Stockstadt am Main ge- bräuchlich. Das Wort stammt vom mittelhochdeutschen Verb „naehen“ was „nah machen“ bedeutet. Das Hauptwort „naehe“ oder „newe“ bekam im Mittelalter die Bedeutung von „Fährschiff“ – verständlich, bringt doch eine Fähre das andere Ufer näher. anlasst durch das Benediktinerkloster. Im Jahr 1868 wurden die Rechte und Privilegien zur Mainfahrt für 4000 Gulden an die Stadt übertragen, der Fährbetrieb allerdings an den Höchstbietenden verpachtet. Die erste „richtige“ Fähre auf dem Main wurde Mitte der 1920er Jahre noch mit einer sogenannten Gierstellung betrieben. Das war eine mechanisch oder elektrisch erreichte Schrägstellung, die über die so erzeugte Querkraft die von Seilen gehaltene Fähre über den Fluss drückte. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg entschloss sich die Stadt, das Fährwesen in Eigenregie zu betreiben. Im Jahr 1971 kaufte sie das heutige Fahrzeug. Inzwischen hat sich freilich vieles geändert. Seit 2017 gilt ein Einschichtbetrieb mit eingeschränkten Fährzeiten und Mittagspause. Seitdem wird die Fähre nur noch von zwei Fährleuten betrieben.

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