ANDRA MARAVOLO GRÜNDETE 1995 DEN ERSTEN EROTIKSHOP FÜR FRAUEN IN FRANKFURT. MITTLERWEILE BIETET SIE UNTER EINEM DACH MIT KATHARINA LEIBER, INHABERIN VON „YES, WE CUM“ UND PODCASTERIN („YES, WE CUM“), DAS JEWEILS AUF- UND ANREGENDSTE AUS DEM DESSOUS- UND SEXTOY-KOSMOS FÜR ALLE GESCHLECHTER. WO BEFINDET SICH NACH IHRER EINSCHÄTZUNG GERADE DER LUSTPEGEL DER STADT? Ziemlich weit oben. Ob das nun der Post-Covid-Nachholbedarf ist?! Jedenfalls haben wir das Gefühl, dass derzeit alle ultrasexy drauf sind. Viele unserer KundInnen statten sich bei uns für aufregende Partys aus. IST DAS MIT BLICK AUF DEN ZUSTAND DER WELT AUCH SO EIN BISSCHEN TANZ AUF DEM VULKAN? Möglich. Wir glauben aber auch, dass viele in der harten Lockdown-Zeit allein und zu zweit ganz neue Fantasien entwickelt haben. Die Menschen trauen sich außerdem viel mehr, zu leben, was sie spüren. Jenseits der Schubladen von entweder „homo‘ oder ‚hetero“. Alle scheinen jedenfalls plötzlich sexuell hochmotiviert zu sein. Und natürlich freut es uns, dass auch, was unseren Bereich anbelangt, die verschämten Zeiten vorbei sind. Es wird sehr offen – auch mit Sextoys umgegangen. ICH HABE GERADE EINE LISTE GESEHEN: 60 GEN- DER SIND MITTLERWEILE OFFIZIELL ANERKANNT. MACHT SICH DIESE VIELFALT AUCH BEI DER NACH- FRAGE BEMERKBAR? Tatsächlich gibt es Nachfragen, die selbst uns überraschen. Manchmal müssen wir uns selbst erkundigen, wie was heißt. Das ist sehr, sehr spannend. Umgekehrt kommen immer auch Menschen, die dann bei uns erotisches Neuland entdecken. Interessanterweise oft auch nach Sendungen, in denen etwa der weibliche Orgasmus thematisiert wird, wie vor einer Weile bei Scobel der Beitrag „Vulva und Vagina“. WAS WECKT GERADE DIE GRÖSSTEN BEGEHR- LICHKEITEN? Das sind immer noch Druckwellenvibratoren wie der Womanizer – die gibt es jetzt auch für Männer. Es hat sich überhaupt unglaublich viel getan im Männersextoy-Bereich. Frauen hatten da ja schon lange ganz coole Sachen – bei den Männern sah es immer aus wie abgeschraubte Körperteile. Da ist jetzt auch alles sehr schick und Hightech. Und wird sehr nachgefragt – die wollen eben auch schöner masturbieren. www.insideher.de und www.yeswecum. de
PORTRÄT 20 | 21 ATHARINA ROHMERT (64). DIE ÄRZTIN UND SEXUALMEDIZINERIN BIETET PAAREN UND EINZELNEN BEI PRO FAMILIA DARMSTADT SEXUALBERATUNG UND IST AUSSERDEM MEDIZINISCHE REFERENTIN BEIM BUNDESVERBAND PRO FAMILIA IN FRANKFURT. Lust ist natürlich ein großes Thema bei uns in der Beratung. Oft geht es darum, dass innerhalb der Partnerschaft unterschiedliche Bedarfe sind. Es ist dabei nicht immer so, dass die Frau weniger Lust hat und der Mann mehr. Das gibt es durchaus auch umgekehrt. Die Ursachen sind da vielfältig: kleine Kinder, Stress im Job und dann kamen noch Corona und das Homeoffice dazu. Manche finden da einfach keine Möglichkeit und kein Zeitfenster mehr, um Lust zu entwickeln. Und sei es „nur“ für einen Quicki. Gleichzeitig, so unsere Erfahrung in der Beratung, ist die Erwartung, ist der Anspruch an sexuelle Begegnung gestiegen. Wir ermutigen die Paare dann, zurückzuschauen in die Anfangszeit der Beziehung: Warum hat es damals gut funktioniert? Woher kamen die Schmetterlinge im Bauch? Was war schön? So bekommt ein Paar seine Ressourcen wieder in den Blick. Es ist ohnehin immer sehr hilfreich, nicht nur an dem zu arbeiten, was vermeintlich verloren gegangen ist, sondern an dem, was noch gut miteinander klappt. Schwieriger ist es, wenn es zusätzlich Funktionsstörungen gibt. Medizinische Gründe wie Wechseljahre, Infektionen, Operationen können dazu führen, dass der Geschlechtsverkehr schmerzt. Die Paare dürfen und sollen lernen, ihre Wünsche, ihre Ängste, ihre Erwartungen – gerade im Themenbereich Sexualität – zu kommunizieren. Es ist ja nicht so, dass man einmal verliebt ist und dann bleibt das so und man muss nichts mehr dafür tun. Und dann ist es aber auch wichtig zu verstehen: Es gibt kein Anrecht auf partnerschaftliche Sexualität. Jeder darf selbst bestimmen, wer mit wem wann wie oft Sex hat – und welche Art von Sex. Wir sollten auch weg von dem Gefühl, alles begründen zu müssen. Wir müssen uns selbst erforschen und kennenlernen, um zu sagen – was möchte ich wann, wie, mit wem. Und dafür aber auch einzutreten. Letztlich ist Sexualität und auch Lust eine Form von Kommunikation. www.profamilia.de
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