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MAINfeeling Herbst 2022

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C: Ob man bei

C: Ob man bei fortgesetzter Beschallung von etwas, das man laut Auskunft meines Mannes „Stoner“ nennt und das den perfekten Soundtrack für eine Geiselnahme abgeben würde, mildernde Umstände für Gattenmord geltend machen kann. Es gibt eben schon noch ein paar Unterschiede, ob man sehr lange oder sehr kurz zusammen ist. Zum Beispiel wird mir nie die Frage gestellt, die dir so oft gestellt wird. Meist mit einem Staunen, als wärst du gerade von einer Marsexpedition zurückgekehrt: Wie lernt man mit über 50 noch einen Mann kennen? S: Ganz einfach, indem man in einer Kneipe sitzt und sich über eine unpünktliche Freundin ärgert. Bis man von dem sehr attraktiven, sehr lustigen und klugen Mann angesprochen wird, der links neben einem sitzt. Kurz: Zufall und Glück hatten einen guten Tag – würde ich sagen. Aber dennoch stimmt – was du immer behauptest: Dass eben nur gelingen kann, was man auch versucht. Auch deshalb war ich sehr lange auf Online- Dating-Portalen unterwegs. ANALOG ODER DIGITAL? ZUFALL ODER PARTNERSCHAFTSPORTAL? C: Das habe ich ja hautnah mitbekommen. Und war sehr glücklich, dass ich meinen Mann noch analog mit Anfang zwanzig in einem Soziologieseminar an der Uni getroffen habe. Jedwedes Partnerschaftsportal, das nicht gerade auf Würfeln setzt, hätte uns nämlich als gänzlich ungeeignet füreinander erklärt und an andere vergeben. Auf den Portalen stellt sich eben auch diese unerklärliche Magie nicht dar, die dafür sorgt, dass man es auch ohne Datenabgleich weiß, ohne es wissen zu können: Der und kein anderer. Findest du nicht auch schade, dass sich nun nur noch Menschen treffen, die nach Ähnlichkeit und nicht nach Anziehung quasi von anderen füreinander ausgesucht werden? MINDESTENS EINE GROSSTAT, WIE MIT ÜBER 50 NOCH EINEN MANN ZU FINDEN S: So kannst du das nicht sagen. Ich sehe doch, wen ich bekomme. Aber klar: Ich habe auch erlebt, wie eigentlich alles passt – und dann trifft man sich, aber da regt sich nix. Keinerlei chemische Reaktion. Deswegen würde ich auch immer dazu raten, sich möglichst schnell zu treffen. Es ist ja so: Wenn alle im Internet suchen, liegen halt dort die größten Chancen. Sicher braucht man manchmal starke Nerven. Ich habe auch erlebt, dass Männer einfach nicht zum Date kamen. Ich frage mich heute noch, ob der amerikanische Botschafter in Neuseeland eigentlich weiß, dass seine Fotos im Netz für Fake-Profile benutzt werden (zu Recht muss ich sagen: Der sieht wirklich bombe aus). Kurz: Ich habe sehr viel Elend erlebt. Aber ich habe auch tolle Männer getroffen, mit denen ich heute noch befreundet bin. Aber mindestens so eine Großtat, wie mit über 50 noch einen Mann zu finden – ist es doch, so irrsinnig lange zusammen zu sein, wie du mit deinem Liebsten. Wie schafft man das? Teilen gelegentlich nicht nur Bett und Tisch, sondern auch eine Menge Erfahrungen …

ZWIEGESPRÄCH 18 | 19 C: Ich würde ja gern behaupten, dass so eine Langzeitliebe wie ein Spaziergang auf Rosenblättern ist. Aber das wäre gelogen. Natürlich gibt es Durststrecken, Krisen. Aber dann sagt der Mann etwas überraschend Süßes. Und dann hat man außerdem auch irgendwann dieses beruhigende Gefühl, dass es da zwischen uns etwas gibt, das größer ist als Stoner-Musik noch vor dem ersten Kaffee. Ein Schauspieler hat mal auf die Frage, was das Geheimnis seiner langen, glücklichen Ehe sei, geantwortet: „Meine Frau und ich gehen zwei Mal die Woche aus. Sie Mittwoch und Freitag und ich Montag und Donnerstag.“ So halten wir es auch. Kannst du dir wahrscheinlich gerade nicht so gut vorstellen? S: Ich möchte einfach noch so viel Zeit wie möglich mit dem Liebsten verbringen. Ist ja klar. Aber bei all den Fragen, die wir ja nicht nur uns gegenseitig, sondern auch unseren Freundinnen gestellt haben, zeigt sich auch immer wieder, wie unterschiedlich da jede tickt. Und dass es nicht ein Rezept für alle gibt. Mit ein paar Ausnahmen. Es gibt nämlich schon ein paar Dinge, die gar nicht gehen. Und ich glaube, da sind wir uns auch einig? FEMINISMUS UND RESTAURANTBESUCHE – EINE UNENDLICHE GESCHICHTE C: Sicher. Gewalt geht niemals. Unter keinen Umständen. Auch psychische nicht. Es geht nicht: heruntermachen. Mehr verlangen, als man bereit ist zu geben. Lieblosigkeit geht nicht. Fürsorge, Aufmerksamkeit, Interesse zu verweigern. Abzutauchen und irgendwann dann wieder vor der Tür zu stehen, wenn man doch Lust auf Sex hat. Eine gemeinsame Freundin hat einmal gesagt, man könnte schon sehr froh sein, mit 70 oder auch 60 Prozent an einer guten Sache beteiligt zu sein. Und dass die Probleme da anfangen, wo man 100 Prozent anstrebt – aber genauso dort, wo man unter 50 Prozent kommt. Oft eine Folge von zu langem Schweigen, stiller Hoffnung, dass sich das mit den Steinen im Liebesgetriebe schon irgendwie von selbst reguliert. S: Finde ich auch wichtig: Reden, reden, reden. Ist zwar eine Binse. Trotzdem wird immer noch viel zu wenig Gebrauch von diesem so fantastischen Instrument zur Beziehungspflege gemacht. Das G leiche gilt für Entschiedenheit, Mut, Unerschrockenheit. Ich finde immer noch, viel zu viele Frauen haben Angst vor der eigenen Courage. C: Also sage ich auch gleich, wenn ich verliebt bin? Und schreibe sofort nach einem Date, wenn ich dazu Lust habe und ein neues möchte? Das ist ja auch die ewige Frage: Ist es nicht enorm spießig, so zu daten wie schon unsere Mütter und Großmütter? S: Noch viel spießiger ist es, wenn Männer die Haltung haben: „Wenn ihr schon so emanzipiert sein wollt, dann könnt ihr eure Gemüselasagne auch selbst bezahlen! Und überhaupt gleich die ganze Initiative übernehmen!“ Ich erwarte nicht, dass ein Mann mich voll finanziert. Aber ich freue mich, wenn er gelegentlich eine Einladung ausspricht. Es ist einfach eine freundliche Geste und wie eine eigene Sprache, mit der man Respekt zum Ausdruck bringt. Eine übrigens, die immer und überall verstanden wird. Und ehrlich: Nichts macht einen Mann so alt, wie diese ohnehin bekloppte Idee, der Feminismus sei über die Restaurantrechnung zu realisieren. Oder? WARUM GEIZ NICHT GEIL IST UND ES BESSER IST, VIELE ALS KEINE FRAGEN MEHR ZU HABEN C: Meine Mutter hat immer gesagt, Geiz sei die schlimmste Eigenschaft überhaupt. Und wer bei Geschenken kniebig ist, der ist es auch mit Gefühlen. Da ist was dran. Hach, wir haben noch so viel zu besprechen. Zum Beispiel: Wer sagt es zuerst „ich liebe dich!?“ oder „wie streitet man richtig?“ oder „ist eine Affäre keine Affäre?“ oder „Was befeuert die Leidenschaft?“. „Werde ich auch in vierzig Jahren noch Sex haben – mit dem eigenen Mann?“. Hast du dafür Antworten? S: Ich habe ein paar Vorschläge – wie es gehen könnte. Und auch unsere Freundinnen haben einiges beizusteuern. Aber am Schluss ist es doch so: Eigentlich ist es wunderbar, dass wir immer noch Fragen an die Liebe haben. Wenn es die richtigen sind. Die aufbauenden, beglückenden. Solche wie „was brauchst du?“ oder auch „wann kann ich dich endlich wiedersehen?“ Liebe machen Susanne Fröhlich – Constanze Kleis, Knaur, 18 Euro. Witzig, unverfroren, herzlich: Die beliebten Bestsellerautorinnen Susanne Fröhlich und Constanze Kleis blicken mit individuellen Perspektiven auf das Thema Liebe – auf die Glücksmomente ebenso wie auf die Schattenseiten.