22 PORTRÄT Wanda Pratschke greift zum Beil. Mit wenigen Hieben schlägt sie mit dem kleinen handlichen Werkzeug das Diadem der Queen in Stücke. Der Gips splittert in alle Richtungen. „Es passte nicht zur Form“, urteilt sie kurz und knapp. Sie wird es neu aufbauen. Das Diadem ist wichtig für ihre neue Arbeit, nicht nur wegen der Proportion. Der überdimensionale Kopf, den die Bildhauerin gerade mit Gips entwirft und immer wieder verwirft, soll Queen Elizabeth II. darstellen. Die schlanke, langgezogene royale Nase ist bereits zu erkennen. IHRE NEUE SKULPTUR PORTRÄTIERT DIE ENGLISCHE KÖNIGIN Seit 2016 beschäftigt sich die Künstlerin mit der jüngst verstorbenen Queen als Modell. Damals habe sie das Gemälde des britischen Malers Lucian Freud gesehen, das dieser von Englands langjähriger Königin gemalt hatte, erzählt sie. „Sie hat ihm Modell gesessen. Das Bild von ihr hat mich so bezaubert, dass ich dachte, man muss eine Skulptur daraus machen.“ Eine kleine Büste in Bronze schuf sie noch im gleichen Jahr. Eine weitere, in blauer Ölfarbe gefasst, dient ihr nun als Anschauungsobjekt für das nächste große Werk. Begonnen hat sie damit bereits vor dem Tod der englischen Königin. „Jetzt arbeite ich aber zäher daran, weil es mir wichtig ist, dass ich sie fertigstelle“, sagt sie. Jeden Tag steht sie in ihrem Atelier am Ostpark vor dem großen Kopf. „Am schwierigsten war es, die Grundform zu finden. Jetzt schaffe ich die Oberfläche.“ Mithilfe von kleinen Gipsplatten, die sie mit flüssigem Gips anklebt, entwickelt sie Konturen, formt die Nase. Dabei beginnt der Dialog mit dem Werk. Ist der Gips trocken, kontrolliert sie die entstandenen Linien, schlägt mit dem Beil wieder Teile ab, baut Neues auf. „Ich beobachte, schaue mir die Flächen an und suche die Form. Irgendwann kommt sie, das spüre ich.“ Doch nicht immer verläuft der Dialog so harmonisch. Es gebe durchaus Momente, wo sie hadere, räumt Wanda Pratschke ein. „Es spricht mich sogar eher an, wenn es noch nicht geglückt ist.“ Dann fühlt sie den inneren Drang weiterzuarbeiten: „Man muss den Mut haben, die Sachen so zu bearbeiten, dass sie stimmen.“ Diese Disziplin, dranzubleiben und ein Werk, wenn es auch ein dreiviertel Jahr dauert, immer wieder zu verändern und am Ende schließlich fertigzustellen, das habe sie in ihrer langen Karriere gelernt. „Ich war immer Künstlerin, schon in der Schulzeit. Wenn Sie das nicht weiterverfolgen, bis es die anderen nervt, wird es Wanda Pratschke schafft mit ihren Händen Bildhauerkunst.
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