22 PORTRÄT DER LANGE WEG ZUR GEFÜHLTEN LEICHTIGKEIT ARTISTINNEN, DIE IN EINEM RING IN DER LUFT SCHWEBEN ODER MIT SCHLEUDERNDEN KUGELN ÜBER DIE BÜHNE TANZEN, STEHEN FÜR ELEGANZ UND LEICHTIGKEIT. ALYONA PAVLOVA UND DIANE-RENÉE RODRÍGUEZ TRAI NIEREN DERZEIT IM TIGERPALAST UND ZEIGEN, DASS ES TROTZ IHRES LEBENSLANGEN TRAININGS EINE HERAUSFORDERUNG IST, DAFÜR KÖRPER UND SEELE IM EINKLANG ZU HALTEN. Von Sabine Börchers und Tim Wegner (Fotos) Alyona Pavlova sitzt in ihrem Luftring unter der Decke des Tigerpalastes wie ein Kind auf seiner Schaukel. Dann steht sie plötzlich kopfüber mit einem Bein im Ring, streckt das andere im Spagat in die Höhe und beginnt zu schwingen. Sie lächelt dabei, ihre blonden Haare fliegen. Die Anstrengung, diese Pose zu halten, die ein normal sportlicher Mensch nicht einmal auf dem Boden absolvieren könnte, ist ihr kaum anzumerken. Diese Leichtigkeit auszustrahlen, jeden Abend, bei jedem neuen Auftritt, erfordert lebenslanges Training und noch einiges mehr. Alyona Pavlova stammt aus Sibirien. In ihrer Heimat begeisterte sie sich schon als Zehnjährige für die Akrobatik, als sie eine Artistengruppe kennenlernte. Sie probierte während ihrer Theater- und Zirkusausbildung verschiedene Disziplinen aus, war sogar Teil einer menschlichen Pyramide, doch immer, wenn sie den Luftring sah, zog er sie magisch an. Mit 18 Jahren traf sie auf Alexander Grimailo, den bekannten russischen Artisten-Choreographen. Mit seiner Hilfe entwickelte sie ihre eigene Choreographie, die sie bis heute immer wieder verändert und ausbaut. Seitdem tritt sie international auf, hat viele Festivals in Ost und West gewonnen, war schon mehrmals im Tigerpalast zu sehen. „Es hat viele Jahre gedauert, bis ich an dem Punkt war, an dem ich heute bin“, sagt die Artistin. Bis zu vier Stunden täglich trainiert sie dafür – wenn der Körper es zulässt. Das sei abhängig von der Tagesform. „Erst wenn man die Technik beherrscht, kann man mit dem Körper spielen und die Leichtigkeit entwickeln.“ Doch bis dahin ist es ein langer Weg, ein stupides Wiederholen jeder einzelnen Bewegung. TÄGLICH BIS ZU VIER STUNDEN KONZENTRIERTES TRAINING So geht es auch Diane-Renée Rodriguez. Wenn die schlanke Frau mit den langen braunen Haaren ihre Knie, den Nacken, die Gelenke aufgewärmt hat, nimmt sie ihre Boleadoras in die Hand. Das sind zwei kleine Kugeln aus Teflon, die an den beiden Enden eines kurzen Seiles befestigt sind und daran geschwungen werden. Sie lässt sie minutenlang durch die Luft zischen, um zu prüfen, ob die Haltung ihrer Arme und Unterarme exakt ist. „Ich stelle mich zum Beispiel neben eine Wand, um zu sehen, ob die Kugeln genau parallel zu ihr schwingen.“ Darauf folgen rhythmische Übungen, um das Timing zu trainieren, mit dem sie die Kugeln auf die Holzplatte auf dem (v.l.) Alyona Pavlova, Tigerpalast-Direktorin Margareta Dillinger und Diane-Renée Rodríguez •
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