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MAINfeeling Sommer 2023

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Dr. Julia F. Christensen

Dr. Julia F. Christensen – die gebürtige Dänin, die verletzungsbedingt eine professionelle Tanzkarriere aufgab und stattdessen Psychologie und Neurowissenschaften studierte, beschäftigt sich als Wissenschaftlerin am Max- Planck-Institut für empirische Ästhetik in Frankfurt nun seit Jahren wissenschaftlich mit dem Thema Tanz. Gemeinsam mit dem Neurowissenschaftler Dr. Dong-Seon Chang veröffentlichte sie das Buch „Tanzen ist die beste Medizin – Warum es uns gesünder und glücklicher macht“. (Rowohlt). WAS IST – AUS DER SICHT DER NEUROWISSEN- SCHAFTLERIN – DER GRÖSSTE BENEFIT BEIM TANZEN? Wir sind noch ganz am Anfang der Forschung, aber wir können jetzt schon sagen, dass beim Tanzen unendlich viele Dinge zusammenkommen, die für uns Menschen wichtig sind: Es ist die Berührung, wenn wir zu zweit oder in der Gruppe tanzen. Es ist die Bewegung, die den Stoffwechsel ankurbelt, die Beweglichkeit fördert, Kalorien verbrennt und die Herzrate in aerobe Bereiche ansteigen lässt. Dann löst die Musik Emotionen aus, reguliert unseren Hormonhaushalt und kann wie eine Art Katharsis, einen Rausch, auf uns wirken. Dazu kommt: Unser Gehirn vollbringt Höchstleistungen, wenn wir uns beim Tanzen mit der Musik, mit anderen synchronisieren. So entstehen neue Verbindungen im Gehirn, und das ist gut für das Denken. Mir hat einmal ein Multitasking-Spezialist gesagt, dass Tanzen aus seiner Perspektive eigentlich unmöglich sei, weil so viele kognitive Hochleistungsprozesse gleichzeitig ablaufen. Tanzen ist ein tolles Training fürs Gehirn! anderen, von der Gruppe. Tanzen stärkt das Zusammengehörigkeitsgefühl. Durch das Berühren, durch das Lächeln. Dadurch, dass man sich beim Tanz synchronisiert. Studien haben gezeigt, dass Menschen, die sich für eine Zeit lang synchron beim Tanzen bewegt haben, sich danach gemeinsam besser um Probleme kümmern konnten, lieber mochten und empathischer aufeinander reagierten. Tanzen scheint also eine Art Bonding-Effekt zu haben. UND DIE OFFENBAR LANGE IN ERINNERUNG BLEIBT – VOR KURZEM KURSIERTE IM NETZ EIN VIDEO VON EINER SCHWERST AN ALZHEIMER ERKRANKTEN BALLERINA, DIE BEI DER MUSIK VON SCHWANENSEE IMMER NOCH WENIGSTENS DIE ARMBEWEGUNGEN ABRUFEN KONNTE … Auch da fehlt es noch an abgesicherten Daten. Aber es ist offenbar so, dass die Verbindung von Sinneseindrücken wie Musik, von den Gefühlen, die damit verbunden sind, von Bewegung mit Bewegungswahrnehmungen aus einer weit zurückliegenden Phase unseres Lebens sehr stabil verknüpft sind. Hören wir also die bestimmte Musik – aus der Kinderzeit, aus der Jugend – aktiviert das die Erinnerung – auch an die Bewegung. SIE SCHREIBEN, TANZEN HABE UNS EVOLUTIONÄRE VORTEILE VERSCHAFFT – WELCHE SIND DAS? Wir haben ein unglaublich soziales Gehirn. Vermutlich, weil wir als Neugeborene vergleichsweise lange abhängig sind von SCHADE, DASS IHN NICHT JEDER GENIESSEN KANN – ICH KENNE DA DEN EIN ODER ANDEREN, DER SELBST VON SICH SAGT, DASS ER „BEWE- GUNGSLEGASTHENIKER“ … Rhythmik ist uns eigentlich angeboren. Es gibt Studien, die belegen, dass selbst Neugeborene schon ihre Gehirnwellen mit einem Rhythmus synchronisieren. Und man kennt das ja auch von Kleinkindern, dass die sich wirklich auch zu Beats rhythmisch bewegen. Es scheint ein angeborener Mechanismus zu sein, der Sinneseindrücke wie Töne, die durch die Ohren in unser Gehirn kommen, mit Bewegung verbinden kann. Das ist spannend, weil erste Erhebungen suggerieren, dass diese motorischen und auditiven Bahnen mit denen zu überlappen scheinen, die wir zum Sprechen nutzen. Das heißt: für den Körper und das Gehirn ist Tanzen eine Art Sprache. Allerdings gibt es einen kleinen Prozentsatz – das sind ein bis eineinhalb Prozent der Population –, die eine andere Art des Hörens haben. Das nennt man Amusie – Musikblindheit. Als Folge ist man da auch tanzblind. Foto: ©SusanaBravoSerra

STORY 22 | 23 IN DIESE KATEGORIE SCHEINEN FAST ALLE ZU MÄNNERN FALLEN: SIE SCHREIBEN SELBST, DASS IN NORDISCHEN GEFILDEN NUR ZEHN PROZENT DER MÄNNER – ABER 90 PROZENT DER FRAUEN TANZEN … Es gibt durchaus viele andere Ursachen, die es uns schwer machen, uns zum Takt zu bewegen. Zum Beispiel, wenn das mit der Furcht davor sich zu blamieren, mit Scham verbunden ist. Und das ist in unserer Kultur sehr oft der Fall. Stellen Sie sich vor, in Kolumbien sitzt eine Familie am Tisch, es läuft die Lieblingsmusik der Großmutter im Radio und sie fängt sofort an zu tanzen – die meisten Menschen dort würden mittanzen. Hier würde man eher sagen: „Wirklich jetzt Oma? In deinem Alter?!“ Hier ist das Peinlichkeits-Terrain einfach viel enger gefasst. Oder – wie es Eckhard von Hirschhausen formuliert: „Wenn Männer eines hassen, dann ist es in Gegenwart von anderen Männern blöd auszusehen.“ UND WAS IST IHRE EMPFEHLUNG, EINEN MANN ZUM TANZEN ZU BRINGEN? SOLL ER ERSTMAL HEIMLICH EINEN TANZKURS VORWEG MACHEN? Ich würde sagen: Wieso heimlich?! Ist doch plausibel, wenn Männer vorher Einzelunterricht nehmen, sie haben – jeden alls beim Paartanz – ja auch mehr zu bewältigen, wenn sie dabei führen sollen. Sie müssen ja sowohl die eigenen als auch die Schritte der Partnerin oder des Partners mitdenken. Grundsätzlich halte ich allerdings auch nichts von Tanzkursen, in denen man gleich sechszehn verschiedene Standard-Tänze lernen soll. Das ist für das Gehirn eine Überforderung, die viele abschrecken könnte, weil es so lange dauert, bis man sich das alles merken kann. Erste Studien zeigen, optimal sind vier Monate, zwei Mal die Woche 90 Minuten für eine Tanzart. UND WELCHE WÜRDEN SIE EMPFEHLEN? Das kommt drauf an, was man braucht – und das ist individuell sehr verschieden. Die erste Frage wäre vermutlich: Welche Musik geht einem sofort in die Beine? Die zweite: Welcher Typ bin ich? Eher schüchtern? Dann fühlt man sich vielleicht in der Gruppe gut aufgehoben – oder bei einem der Social- Dance-Events – bei denen man sich wirklich nur zum Tanzen trifft. Oder vielleicht passt besser einer der vielen Solo- Tänze, wie Bauchtanz, Stepptanz oder Ballett? Übrigens auch toll für den Stress-Abbau. Ich habe jahrelang in London gelebt und wirklich viel gearbeitet. Abends bin ich aus dem Büro oft direkt in die Milonga – eine Tanzveranstaltung – zum Tango-Argentino tanzen. Und noch heute habe ich immer meine Tanzschuhe dabei, wenn ich verreise. Tanzen ist wie Esperanto. Es wird immer und überall verstanden und man kann sich mit ihm immer und überall ausdrücken. Lounge Chair & Ottoman Charles & Ray Eames, 1956 Vitra – live erleben in unserem Store in Frankfurt: smow F GmbH | Hanauer Landstraße 140 | 60314 Frankfurt am Main | Fon 069 850923-0 | Fax 069 850923-33 | frankfurt@smow.de smow.de/frankfurt | Montag bis Freitag: 10 bis 18 Uhr Samstag: 10 bis 16 Uhr | Parkmöglichkeiten: Öffentliche Tiefgarage Motel One

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