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MAINfeeling Winter 2022

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SEIT JUNI 2021 FÜHRT

SEIT JUNI 2021 FÜHRT MAX COGA DIE PIK DAME, FRANKFURTS ÄLTESTEN NACHTCLUB. DAZU IST ER ERFOLGREICHER PROFI-KAMPF- SPORTLER. UND ER IST EIN FAMILIENMENSCH, IN MEHRFACHEM SINNE. Von Sabine Börchers und Jonas Ratermann (Fotos) Die Wände tragen heute Betonoptik, die Sofas sind aus Kunstleder. Die beiden hölzernen Karussellpferde neben dem DJ-Pult und das Bild der nackten Matrone darüber stammen aber noch aus alten Zeiten, als die Pik Dame ein Cabaret und Animierbetrieb war, mit viel Plüsch, Separées, Schlangenmenschen und niveauvollem Striptease. Max Coga erinnert sich gut daran. Der erfolgreiche Mixed-Martial-Arts-Kämpfer ist in Frankfurts ältestem Nachtclub in der Elbestraße, den sein Großvater Hermann Gauß 1959 gründete, aufgewachsen. Cogas Mutter stammt aus Argentinien und war Stripperin im Club, wo sie seinen Vater kennenlernte. „Sie hat nachts gearbeitet und mich oft bei den Großeltern gelassen, die über der Pik Dame wohnten“, erzählt der 33-Jährige. Eine seiner ersten Erinnerungen an den Club ist daher eine Szene, in der er sich mit vier oder fünf Jahren von der Bedienung um die Tische herum jagen ließ. „Sie hieß Uschi und ich habe sie Uschi-Muschi gerufen.“ HEILIGER BODEN: MAHNUNG UND VERSPRECHEN ZUGLEICH Was die Eltern seiner Mitschüler als Kiez-Etablissement eher abschreckte, war für Max Coga ein Zuhause. Er erlebte die Pik Dame als Ort einer großen Familie. Das hat sich bis heute nicht geändert. Sein Vater Oliver und sein Onkel Thorsten Gauß, die den Nachtclub in zweiter Generation lange gemeinsam betrieben, sind nach wie vor Ansprechpartner. Einer seiner beiden Halbbrüder und sein Cousin helfen häufig mit. Seine Mitarbeiter im Club sind zum Teil alte Freunde. Um die Bindung zu den übrigen Angestellten, die er ebenfalls als Familie bezeichnet, zu stärken, trainiert Coga regelmäßig mit allen seine Kampfsporttechniken, egal, ob ihr Arbeitsplatz an der Tür, in der Küche oder an der Garderobe ist. „Es ist ein gutes Gefühl, dass alle wissen, was zu tun ist, wenn es mal eskaliert.“ Denn auch das ist eine alte Familienregel im Club. „Wir sind extrem tolerant. Die Leute sollen Spaß haben. Es ist dabei alles gestattet, bis auf Ärger machen.“ Im einzigen noch erhalten gebliebenen großen Separée im hinteren Teil der Pik Dame hat der Chef deshalb ein Statement in den schwarzen Fußboden gravieren lassen: „Heiliger Boden“ steht da und ist Mahnung und Versprechen zugleich. Dass er den Familienbetrieb in dritter Generation weiterführen kann, empfindet Coga als Privileg. Ein Verkauf des Hauses kam trotz der Corona-Pandemie und diverser lukrativer Angebote für ihn nicht infrage. Stattdessen entschied sich die Familie, die „alte Dame“ um sieben Etagen aufzustocken und über dem Nachtclub 13 Wohnungen einzurichten. Die waren von Anfang an begehrt. Mietanfragen habe es viele gegeben, sagt der Pik- Dame-Chef, auch von außerhalb. Aber die Interessenten hätten in der Regel kein Gefühl für das Viertel mit seinem Lärm, Laster und den Junkies, die immer wieder vor dem Hauseingang liegen. Deshalb ist das Pik Haus, in dem auch Coga selbst lebt, kein normales Wohngebäude. Es ist eher eine große Wohngemeinschaft, in der er heute seine persönliche Wahlfamilie um sich geschart

PORTRÄT 18 | 19 und ein Appartement sogar zum gemeinsamen Trainingsraum umgestaltet hat. 70 Prozent der Bewohner kenne er seit vielen Jahren, sein Onkel und sein Halbbruder Micky sind ebenfalls dort eingezogen. Die Türen der Wohnungen sind zwar in der Regel geschlossen. Doch Max Coga besitzt den Generalschlüssel und nutzt ihn auch, etwa, um den besten Freund morgens aus dem Bett zu werfen. „Das Haus war eine Idee, die ich schon mit 19 Jahren hatte. An diesem Traum habe ich festgehalten und hatte jetzt die Gelegenheit, ihn umzusetzen“, sagt er lächelnd. SCHON FRÜH MIT NACKTEN TATSACHEN KONFRONTIERT Die Zeiten haben sich verändert, besonders im Bahnhofsviertel. Das Animiergeschäft sei schwierig geworden. Die alten Gäste von früher, Rotlichtgrößen, Rocker, Banker und Messegäste kommen auch heute noch vorbei. Ein Großteil des Publikums sind aber junge Leute, die zu Hip-Hop und Dance Classics oben oder zu elektronischen Beats unten in der ehemaligen Kegelbahn tanzen wollen. Deshalb setzt der Chef seit der Wiedereröffnung nach dem Corona-Lockdown auf reine Clubnächte unter unterschiedlichem Motto und ab und zu auf Events. Zum Beispiel auf den längst legendären monatlichen Pik Sonntag mit Comedy, Travestie und Zauberei, moderiert von Thomas Bäppler, mit Musik von Gabriel Groh und seiner Band, oder auf die Comedyshow „Lach und Leder“, die bald wieder stattfinden soll. Sie bringen auch Frankfurter Kulturpublikum ins anrüchige Rotlichtviertel. Mit den nackten Tatsachen dort und mit „gewissen Wahrheiten“ sei er früh konfrontiert worden, erzählt Max Coga über seine Kindheit. Seine Mutter habe immer offen mit ihm über alles gesprochen und habe zugleich viel Wert auf eine gute Schulbildung gelegt. Er war auf dem Internat und hat Abitur gemacht. Während andere Jugendliche aber in seinem Alter heimlich unter dem Balkon des Elternhauses ihre erste Zigarette rauchten, war er mit 12 oder 13 Jahren abends mit seinen Kumpels im Bahnhofsviertel unterwegs. Er habe sich dann auch gefragt, warum manche Menschen Drogen nehmen, warum ihnen keiner hilft. Die harte Realität im Kiez ließ ihn sich früh ehrgeizige Ziele stecken. „Ich bin sehr risikofreudig, ich habe auch viel Scheiß gemacht“, gibt er zu. Doch die Werte und der Vertrauensvorschuss seiner Familie, die er nicht enttäuschen wollte, hätten ihn in der Bahn gehalten. MIXED-MARTIAL-ARTS MACHT IHN RUHIGER UND AUSGEGLICHENER sein BWL- und Sportstudium ab. Als Mixed-Martial-Arts- Kämpfer, einer Disziplin, die viele unterschiedliche Kampfsportarten vereinigt und in Käfigen ausgetragen wird, allerdings wegen ihrer Härte auch umstritten ist, trat er unter dem Namen Mad Max Coga schon in berühmten Hallen wie dem Madison Square Garden in New York an. Nächstes Jahr im März steht der nächste große Kampf in der Dortmunder Westfalenhalle an. Dann gehe es erneut um die „National Fighting Championship“, den renommiertesten Titel in Deutschland, dessen Qualifikationskampf er in diesem Sommer gewonnen hat. Der Sport mache ihn ruhiger und ausgeglichener, sagt er. Er sei eine Möglichkeit, an der eigenen Persönlichkeit zu arbeiten. Das sind Sätze, die man von einem Kampfsportler gerade dieser harten Disziplin nicht unbedingt erwartet hätte. Doch Coga lacht und entgegnet: „Das Ego geht nie mit auf die Matte.“ Natürlich seien Niederlagen bitter, gibt er zu. Doch seine Devise laute immer: weitermachen. Die Pik Dame ist heiliger Boden, Aggressionen sind absolut unerwünscht. Und dann war da noch der Sport. Sein Vater sei sportvernarrt gewesen, erzählt er. Als er als Sechsjähriger in der Grundschule in Offenbach verprügelt wurde, schickte ihn seine Mutter zum Kampfsport. Dem sei er verfallen. Für die Profikarriere brach Max Coga sogar