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Medizin-Journal | Krebs

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Das Medizin-Journal für Rhein-Main

Krebs

Krebs Anzeige Unser Experte Lungenkrebs: Auf die Histologie kommt alles an Teamarbeit für umfassende Diagnostik und individuelle Therapieplanung Prof. Dr. med. Khodr Tello Chefarzt der Klinik für Pneumologie und Beatmungsmedizin Herr Prof. Tello, Sie leiten seit April dieses Jahres die neu eingerichtete Klinik für Pneumologie und Beatmungsmedizin am Krankenhaus Nordwest und gehören damit zum Leitungsteam des zertifizierten Lungenkrebszentrums. Was ist Ihr besonderer Ansatz im Kampf gegen diese Erkrankung? In den letzten zehn Jahren hat sich bei der Behandlung der verschiedenen Arten von Lungenkrebs und insbesondere des Bronchialkarzinoms extrem viel getan, und das geht ständig weiter. Wir kennen mehr und mehr Mutationen, die sich zielgerichtet behandeln lassen, sodass beispielsweise beim nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinom sogar fortgeschrittene Tumorstadien so therapiert werden können, dass daraus eine chronische Erkrankung wird, mit der man durchaus lange leben kann. Dafür ist aber eine umfassende Diagnostik unverzichtbar. Das Wichtigste ist, den optimalen Behandlungsansatz für das individuelle Stadium jedes einzelnen Patienten zu finden, und dabei spielt die Histologie eine enorme Rolle! Dafür sind zum einen hochmoderne diagnostische Verfahren Voraussetzung und zum anderen die Expertise eines ganzen Teams. So arbeitet unsere Klinik eng mit der Klinik für Thoraxchirurgie wie auch mit der Klinik für Onkologie und Hämatologie, der Kardiologie und der Klinik für Neurologie zusammen, damit wirklich alle Aspekte des jeweiligen Falls nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen berücksichtigt werden. Wie genau sieht also der „Diagnoseweg“ in der Praxis aus? In der Regel kommen die Patienten zu uns mit einem CT oder Röntgenbefund, bei dem ein sogenannter Rundherd festgestellt wurde, also ein verdächtiger Fleck in der Bildgebung. Nun muss abgeklärt werden, ob dieser bösartig ist oder nicht und ob es weitere Rundherde oder auch Metastasen gibt. Davon hängt die Einteilung des Tumorstadiums und damit die Behandlung ab. Häufig wird ein sogenanntes PET-CT notwendig, um herauszufinden, ob sich irgendwo im Körper Metastasen gebildet haben. Von größter Bedeutung ist es, ausreichend Probenmaterial des verdächtigen Gewebes zu bekommen, damit wir wissen, mit was genau wir es zu tun haben. Dafür ist meist eine Lungenspiegelung, also Bronchoskopie notwendig, die bei uns unter Sedierung gemacht wird. Zudem nutzen wir meist eine spezielle Ultraschallsonde für die Atemwege, mit deren Hilfe die Lage des Tumors bestimmt werden kann. Nach genauer Lokalisation des Tumors entnehmen wir häufig mit einer sogenannten Kryosonde ausreichend Material aus dem Tumor, damit dieser bestmöglich histologisch untersucht werden kann. Wenn wir über diese beiden Wege nicht an den Tumor kommen, weil er zu peripher, also in den feinsten Verästelungen der Lunge liegt, besprechen wir interdisziplinär mit unseren Radiologen, ob diese mit Hilfe einer sog Computertomographie-gesteuerten Punktion an den Tumor gelangen können oder mit unserer Chirurgin im Rahmen eines Beschlusses der Tumorkonferenz, ob der Herd direkt herausoperiert werden kann. So erhalten wir in jedem Fall ausreichend Material für die genaue Histologie und Mutationsanalyse, aus der sich die Genetik des Tumors, Rezeptoren etc. ergeben. Wenn die Diagnose steht, ist die Entscheidung über die Therapie Sache des interdisziplinären Tumor Boards. Wie Sie bereits sagten, hat sich durch die Erkenntnisse in der Genetik von Lungenkrebs ungeheuer viel getan. Doch die Therapieentscheidung fällt ja nicht nur aufgrund der Art der Mutation, … Das ist richtig. Da spielen sehr viele Faktoren eine Rolle. Eins ist aber auf jeden Fall klar: Wenn der Tumor operabel ist, wird operiert, und zwar so früh wie möglich. Denn dadurch kann eine vollständige Heilung erzielt werden. Ansonsten ist die Umfelddiagnostik entscheidend, zum Beispiel um abzuklären, ob und wie viele Metastasen vorliegen. Sind viele Metastasen vorhanden, ist abzuklären, mit welchen Disziplinen wir dann speziell zusammenarbeiten müssen, um den Patienten bestmöglich zu helfen. Bei bestimmten Metastasen sprechen wir im Rahmen des Tumorboardes speziell mit der Strahlentherapie, um diese Metastasen, zum Beispiel in den Knochen, zu bestrahlen. In jedem Fall ist die Therapie stadienabhängig und leitlinienbasiert. Im Frühstadium wird immer die Operation an erster Stelle stehen. Gegebenenfalls kann eine neoadjuvante Chemotherapie vorausgehen oder nachfolgen. Manchmal ist auch gar keine Chemotherapie notwendig. Die Entscheidung ist immer eine extrem individuelle Sache, bei der man an alles denken sollte. So haben manche Patienten Wasser im Brustfell (Pleura), das unbedingt in die Diagnostik miteinbezogen werden muss. Wenn hier Krebszellen gefunden werden, sprechen wir bereits von einem metastasierten Zustand und damit von einer anderen Behandlung. Nicht zuletzt spielt auch das generelle Befinden des Patienten eine entscheidende Rolle. Wie ist er oder sie drauf? Ist er aktiv und sportlich oder wenig aktiv oder gar bettlägerig? Welche weiteren Erkrankungen hat er? Wenn Herz und Kreislauf schwer beeinträchtigt sind, wird eine Operation nur schlecht vertragen. Und bei einer ausgeprägten Vorerkrankung der Lunge wie zum Beispiel einem Emphysem ist allein schon die Diagnostik nicht uneingeschränkt möglich. Eine Punktion wäre mitunter, je nach Lage des Tumors, sehr gefährlich. Außerdem steht selbstverständlich der Wille des Patienten an erster Stelle. Am Anfang jeder Diagnostik und Therapie gilt es ausführlich aufzuklären und im Sinne des Patientenwillens und ärztlicher Indikation zu agieren Auch bei erfolgreicher Behandlung kann der Krebs ja irgendwann wiederkommen … Genau deswegen ist eine fortwährende Kontrolle sehr wichtig. In vielen Fällen raten wir auch zu weiteren regelmäßigen Biopsien, um frühzeitig gegensteuern zu können, da Tumoren sich auch molekularpathologisch wandeln können. Dann ist eine Biopsie mit genauer Analyse sehr wichtig, da eventuell dann andere Medikamente zum Einsatz kommen. Kontakt Krankenhaus Nordwest Steinbacher Hohl 2-26 · 60488 Frankfurt Telefon (069) 760 1- 48 00 · Fax (069) 76 01- 48 01 www.krankenhaus-nordwest.de Das Medizin-Journal für Rhein-Main l Juli 2024 www.rmm.de

Krebs Anzeige Unsere Expertin Nebenwirkungen von Chemotherapie vorbeugen Hilotherapie verhindert schmerzhafte Nervenschäden und reduziert Haarausfall Dr. rer. nat. Trudi Schaper Vorsitzende Internationale Senologie Initiative ISI e.V. Frau Dr. Schaper, Sie setzen sich seit Jahren für die sogenannte Hilotherapie ein, mit deren Hilfe Nebenwirkungen von Chemotherapien verhindert werden sollen. Um welche Nebenwirkungen handelt es sich und wie hilft hier kontrollierte Kühlung? Chemotherapeutika sind zwar hochwirksam, aber es kommt sehr häufig zu unerwünschten Nebenwirkungen wie zum Beispiel Haarausfall, Blutbildveränderungen, Immunschwäche, Schmerzen und Nervenschädigungen, insbesondere an Händen und Füßen (Chemotherapie-induzierte Polyneuropathien/CIPN). Von letzteren sind etwa 74 Prozent der Patientinnen betroffen. Das große Problem dabei ist, dass die Symptome dauerhaft bestehen bleiben und so die Lebensqualität der Patientinnen über viele Jahre dramatisch verschlechtert. Kühlung hat sich als sehr wirksam erwiesen, um Nervenschäden und Haarausfall vorzubeugen. Das haben auch zahlreiche Studien belegt. Unter Kühlung ziehen sich die Blutgefäße zusammen (Vasokonstriktion), welche die Nervenenden an Händen und Füßen versorgen, und die Durchblutung der Extremitäten wird reduziert. Dadurch gelangen weniger zytotoxische Substanzen an die Nervenenden und diese werden geschont. Das gleiche Prinzip gilt auch für die Haarfollikel. Gelangen hier weniger toxische Substanzen an die Haarwurzel, wird diese weniger geschädigt – die Folge ist reduzierter Haarausfall. Wichtig ist allerdings, dass die Kühlung konstant, früh und lange genug erfolgt. Das heißt, Hände, Füße und Kopfhaut müssen mit der ersten Chemotherapie prophylaktisch vor, während und nach der Chemotherapie gekühlt werden, damit die beschriebenen Nebenwirkungen erst gar nicht entstehen. Die kontrollierte Kühlung muss immer am Tag der Chemotherapie erfolgen, das Einhalten der Kühlzeiten (insbesondere die Nachkühlzeit zur Haarausfallprophylaxe) ist entscheidend für das Ergebnis. Eine spätere Kühlung kann lediglich in einzelnen Fällen das Schmerzempfinden der Polyneuropathie lindern, sie kann aber eine entwickelte Nervenschädigung nicht mehr heilen. In etlichen Krankenhäusern verwendet man zur Kühlung Kühl- Packs oder Kühlhandschuhe. Wo liegen die Vorteile der Hilotherapie? Im Gegensatz zu Kühlakkus & Co, deren Kältegrad fast nicht tolerabel ist (bis -20 °C), nicht konstant und sich nicht regulieren lässt, handelt es sich bei der Hilotherapie um ein gradgenaues, prozessorgesteuertes Thermoheilverfahren. Mit dem hierfür verwendeten ChemoCare-Gerät wird destilliertes Wasser auf eine Kühltemperatur von 15 bis 17 °C (bei der Hand-Fuß-Kühlung) heruntergekühlt und kontinuierlich in spezielle Hand-Fuß-Manschetten gepumpt. Diese moderate und kontrollierte Kühlung ermöglicht eine konstante Kühlung. Gewebeschäden oder Frostbrand die durch aggressive Kühlung auftreten können, treten bei der Hilotherapie nicht auf. Zudem ist die Kühlung für das Pflegepersonal problemlos durchführbar. Zur Vermeidung der Polyneuropathie werden Hände und Füße 30 Minuten vor, während und bis 30 Minuten nach der Chemotherapie gekühlt. Diese Geräte sind ebenfalls sehr effektiv in der Vermeidung von Haarausfall und werden von den Patienten meistens gut toleriert. Bei der Kopfhautkühlung ist die Betriebstemperatur deutlich kälter (das Gerät wird auf 5 °C eingestellt) und auch die Nachkühlzeit variiert in Abhängigkeit der zu verabreichenden Chemosubstanzen (60 bis 120 Minuten). Ein Großteil der privaten Krankenkassen übernehmen die Kosten der Hilotherapie, leider noch nicht die gesetzlichen Kassen. Wir in der Gynäkologischen Onkologie am Luisenkrankenhaus in Düsseldorf bieten (auch dank der Unterstützung der Selbsthilfegruppe ISI e.V.) allen unseren Patientinnen und Patienten die Hilotherapie kostenlos an. Ihre Onkologie am Luisenkrankenhaus war Pilotkrankenhaus für diese Supportivtherapie. Seit wann arbeiten Sie mit der Hilotherapie, und wie sind die Erfolge Ihrer Erfahrung nach? Wir haben 2017 mit dem Pilotprojekt zur Hilotherapie begonnen und Daten von fast 200 Patientinnen und Patienten ausgewertet. 151 Brustkrebspatientinnen nutzten die Hilotherapie vorbeugend mit jeder Chemotherapie-Behandlung. 42 Patientinnen und Patienten dienten zunächst als Kontrollgruppe. Die Daten zeigten verblüffende Ergebnisse: Wir konnten 95 Prozent unserer Patientinnen und Patienten vor gravierenden Polyneuropathie-Symptomen schützen (≥ Grad 2). In der Kontrollgruppe dagegen entwickelten 90 Prozent der Patientinnen und Patienten ohne vorbeugende Kühlung Symptome der Chemotherapie-induzierten Polyneuropathie (CIPN), 50 Prozent davon zeigten schwere Probleme (≥ Grad 2). Dies korreliert mit Daten aus der Literatur, die besagen, dass in Abhängigkeit der Therapieregime bis zu 50 Prozent der Brustkrebspatientinnen schwere Polyneuropathie- Symptome entwickeln, die einhergehen mit Therapieabbrüchen und Dosisreduktionen. Unsere Langzeitdaten (vier bis fünf Jahres FollowUp) bestätigen ebenfalls die nachhaltige Wirkung der Hilotherapie – auch nach vier bis fünf Jahren sind die Ergebnisse gleichbleibend gut – aber die wenigen Patientinnen, die Probleme entwickelt haben, leiden auch nach Jahren unter diesen Symptomen. Für unsere Arbeiten zur „Effektivität der Hilotherapie, FollowUp-Daten und Patientenzufriedenheit nach Hilotherapie“ haben wir in diesem Jahr zum dritten Mal einen „Best of Abstract“- Award erhalten und durften zum dritten Mal einen Vortrag auf der Jahrestagung der deutschen Gesellschaft der Senologie halten. Der Nutzen der Hilotherapie – übrigens für alle onkologischen Patientinnen und Patienten – wurde bereits in randomisierten Studien aus Italien, Belgien, Österreich und der Schweiz belegt. Kontakt Luisenkrankenhaus GmbH & Co. KG Luise-Rainer-Straße 6–10 · 40235 Düsseldorf Telefon: 01 72/8 67 64 63 · trudi.schaper@luisenkrankenhaus.de www.luisenkrankenhaus.de Das Medizin-Journal für Rhein-Main l Juli 2024 www.rmm.de

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