EDITORIAL ///// 3 JÜRGEN H. CONZELMANN Vorsitzender Haus & Grund Frankfurt am Main e. V. Frankfurt, der neue OB und die Berliner Ampel-Humoreske Liebe Mitglieder, Frankfurt hat gewählt, am 11. Mai wird der neue Oberbürgermeister in sein Amt eingeführt. Der bisherige Planungsdezernent und langjährige SPD-Vorsitzende Mike Josef hat das Rennen gewonnen. Hierzu gratulieren wir ihm, wünschen ihm viel Erfolg und hoffen auf eine kluge und abgewogene Amtsführung zum Wohl aller Frankfurter. Nach den langen, quälenden Jahren des Stillstands unter seinem unfähigen und selbstverliebten Vorgänger dürfen wir nun durchaus optimistisch sein. Dafür spricht auch der faire Wahlkampf, den sich die beiden verbliebenen Kandidaten vor der Stichwahl lieferten. Wie Josef präsentierte sich Uwe Becker von der CDU als erfahrener, integerer und sachkundiger Politiker, dem Frankfurt am Herzen liegt. Der neue Oberbürgermeister wird sicherlich alles daran setzen, eventuell noch vorhandene Verflechtungen zwischen der AWO und handelnden Personen im Römer wie in der SPD aufzulösen. Das ist Grundlage für die Bewältigung der nicht ganz leichten Aufgabe, dem wichtigsten Amt unserer Stadt, dessen Ansehen unter Peter Feldmann schwer gelitten hat, wieder Respekt und Achtung zu verschaffen. Die niedrige Wahlbeteiligung bei der Stichwahl (35 Prozent) zeigt, dass hier noch Luft nach oben ist. Auch deshalb wird Josef ein überparteiliches Profil entwickeln müssen, um dem eigenen Anspruch gerecht zu werden, OB aller Frankfurter zu sein. Es ist ein schönes Zeichen für Frankfurt, dass ein Vierzigjähriger, der als Flüchtlingskind aus Syrien nach Deutschland gekommen ist, zum Oberbürgermeister gewählt wurde – sein Werdegang steht für die Offenheit unserer Stadtgesellschaft, die den Tüchtigen unabhängig von ihrer Herkunft enorme Chancen bietet. Man sollte nicht unterschätzen, welche Ermutigung das Wahlergebnis für viele andere Zuwanderer bedeutet. Wenn Frankfurt als Stadt der Chancen wahrgenommen wird, stimmt das grundsätzlich zuversichtlich. Es wird sich schon bald zeigen, ob Josef die Lebenswirklichkeit der Bürger in ausreichendem Maß in den Blick nimmt. Wie verblendet manche Politiker im Römer sind, zeigt sich etwa im Fall der fahrradfreundlichen und autofeindlichen Umgestaltung des Oeder Wegs im Nordend und der Reduzierung einer Magistrale wie der Friedberger Landstraße auf nur noch eine Fahrspur für Autos. In beiden Fällen handelt es sich um Beispiele völliger Ignoranz des mehrheitlichen Bürgerwillens. Der Gewinn an Ruhe für einige wenige wird erkauft mit zusätzlicher Belastung vieler anderer durch den Ausweichverkehr. Zudem kommt es zu langen Staus auf den großen Einfallstraßen, denen nun die Anschlussstrecken in Richtung Innenstadt fehlen. Wer im Stau steht, kann dabei oft lange warten, bis auf einem der neu markierten, überbreiten Fahrradwege ein Radfahrer zu sehen ist. Der neue Oberbürgermeister sollte eine solche Ad-hoc-Verkehrspolitik ohne Konzept schleunigst beenden. Eine ganze Reihe weiterer Ungereimtheiten sind in Frankfurt nunmehr neu zu diskutieren, etwa der sogenannte Milieuschutz, der in einer dynamischen Stadtgesellschaft oft genug die Falschen privilegiert. Zu sprechen ist auch darüber, wie sich Nachverdichtungsprojekte erleichtern lassen. Was den privaten Eigentümern zumeist verboten ist, darf die große städtische Wohnungsbaugesellschaft mit Unterstützung der Stadtverwaltung im großen Stil umsetzen. Noch weniger Freude als ohnehin schon macht derzeit der Blick auf die zugleich überambitionierte und dilettantische Wohnungsund Klimapolitik auf Bundesebene. Das gilt ganz besonders mit Blick auf Grünen-Wirtschaftsminister Robert Habeck und seinen weltfremd und ideologisch agierenden Staatssekretär Patrick Graichen. Die von ihnen angezettelte chaotische Diskussion innerhalb der Ampel-Koalition in Berlin über die Abkehr von fossilen Heizungen hin zu Wärmepumpen hat das Vertrauen in die Bundesregierung erschüttert. Da helfen auch die hektisch beschlossenen Ausnahmeregelungen und Subventionsversprechungen nicht weiter; am Ende wird wieder ein Bürokratiemonster stehen, das nicht beherrschbar ist. Auch technisch beschreitet die Ampel hier einen Holzweg: Lamia Messari-Becker, Professorin für Gebäudetechnologie an der Universität Siegen, hat deutlich gemacht, dass die Stromproduktion verzehnfacht werden müsste, um zusätzlich zur Umstellung auf E-Mobilität und dem erhöhten Bedarf aus der Industrie auch noch massenweise Wärmepumpen zu versorgen, deren Preise zudem durch die Decken gehen werden. Viele Immobilieneigentümer machen sich Sorgen, ob sie ihr Haus angesichts der absehbaren Sanierungsanforderungen werden halten können. Das gilt gerade für die sozial Schwächeren. Diese Debatte hat nicht nur das Vertrauen der Bürger in die Rationalität des Regierungshandelns erschüttert, sie hat der ohnehin schon unheilvollen Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt die Krone aufgesetzt. Projektentwickler bauen wegen der enorm gestiegenen Materialpreise und Finanzierungskosten nicht mehr, und große Wohnungsunternehmen wie die Vonovia verkaufen Wohnungen statt solche zu bauen. Auch viele private Eigentümer verlieren angesichts der finanziellen Folgen und der Unberechenbarkeit der Ampel-Politik ihr Interesse an weiteren Investitionen in Immobilien. Wie das Scheitern des Klimaentscheids in Berlin und die Niederlagen der Oberbürgermeisterkandidaten der Grünen in Mainz, Frankfurt und Darmstadt zeigen, macht sich in der Bevölkerung zunehmend Unmut breit über solche Klimapolitik aus dem Wolkenkuckucksheim. Bei aller Bejahung der Klimaziele – so kann es nicht weitergehen. Viele unserer Mitglieder haben über Jahrzehnte ihre in den Fünfziger- und Sechzigerjahren gebauten Häuser für sehr günstige Mieten bereitgestellt, oft über Generationen auf Vermieter- wie Mieterseite hinweg. Sie haben diese Häuser nicht luxuriös saniert und sie haben auch auf Maßnahmen verzichtet, die ihnen vom Gesetzgeber als Vehikel für Mieterhöhungen angeboten worden waren. Auf diese Weise haben sie dem Markt über Jahrzehnte günstige Mietwohnungen zur Verfügung gestellt und damit dämpfend auf den Mietspiegel gewirkt. Doch diese Mitglieder werden jetzt doppelt bestraft. Gegen diese Ungerechtigkeit werden wir kämpfen. Mit freundlichen Grüßen PRIVATES EIGENTUM ///// 05_2023
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